Vollmondnacht im alten Bauernhaus
Gaukelt trügerisch Unveränderbarkeit vor
Das ewig freundlich bösartige Gesicht dort oben am Himmel
Das weißkaltes Licht durch schwarzes Geäst schickt und
Die Heimlichkeit der Nacht offenbar macht.
Vollmondnacht im alten Bauernhaus
Wo alles so zu sein scheint wie letztes, vorletztes, vorvorletztes Jahr.
Und doch spüren wir Menschen eine Ruhe vor dem Sturm
Nach der Ruhe nach dem Sturm
Der die Welt, wie wir sie kennen, auf den Kopf gestellt hat.
Lernen nichts aus dem, was ist,
Wollen nur zurück zum Alten, zum Gewohnten,
Fortsetzung des alten Trotts, des alten Wahnsinns,
Der doch genau diese ewig gleiche Vollmondnacht
Im alten Bauernhaus zu einem Trugbild gemacht hat,
Verlogen nostalgisch wie die dicke Schneedecke auf dem Adventskalender.
Wenn der Vollmond des Morgens verblasst
sehen wir kahle Wiesen verdorren.
Suchen vergeblich nach den Schmetterlingsschwärmen unserer Jugend.
Viren, diese Lebewesen, die keine sind, sorgen dafür,
Dass das Leben, wie gewesen, ein Lebegewesen wird
Und wir einer neuen Normalität entgegenschreiten,
Die wir vielleicht hätten verhindern können.
Mit dem Vollmond gemeinsam sehen wir
Die Welt sich verändern
Voller Rätsel und Aufgaben, voller Rätselaufgaben
Die es zu lösen gilt für uns
Für unsere Kinder
Für unsere Kindeskinder
Vollmondnacht in einer Wendezeit in einem alten Bauernhaus.
(C) Gina Adler 08.04.2020 – Coronagedicht