Zum 50. Geburtstag hab ich mir mein erstes Enkelkind gewünscht. Das würde mich versöhnen mit der Tatsache, ab nun der Gruppe der „Best Agers“ anzugehören. Heimlich gewünscht, versteht sich, denn man soll ja keinen Druck auf die Kinder machen. Und siehe da – auch unausgesprochene Wünsche werden manchmal wahr! An meinem runden Geburtstag saß meine 30 jährige Tochter Valerie da, kugelrund im 8. Monat schwanger, fünf Wochen später hielt ich sie zum ersten Mal im Arm, meine Enkeltochter. Ein winziges kleines Wunder, erst ein paar Stunden alt. Ich sang ständig vor mich hin und beglückte – oh mein Gott – Bekannte und Kolleginnen und Kollegen mit den neuesten Babyfotos. Dagegen ist man einfach machtlos! Von „Was, Großmutter bist du geworden? Das will ich noch nicht, da würd` ich mich gleich so alt fühlen“ bis „Du bist aber eine junge Omi, wann hast du denn angefangen?“ reichte die Palette der Anteilnahme. Kein Wunder, viele Menschen in meinem Umfeld werden heute Anfang oder Mitte Vierzig Eltern. Und meine eigenen Großeltern waren jenseits der 60, als meine Schwester und ich geboren wurden.
Klar, die Zeiten der Großfamilie sind vorbei, als noch alle Generationen an einem Fleck wohnten, meist auch arbeiteten und von dem (oder öfter wohl der), die eben gerade Zeit dafür hatten, betreut wurden. Trotzdem kann die Begegnung der Generationen im guten Fall auch heute eine wichtige Rolle im System Familie einnehmen. Meine Mutter machte mit ihren Enkelkindern Picknick am Wohnzimmerteppich und bereitetet meine Töchter auf die Hausgeburt unseres Dritten derart vor, dass es im Kindergarten Beschwerden gab ob der naturalistischen Geburten in der Puppenecke. Wen wundert’s, dass meine Drei zu ihrer unkonventionellen Großmutter einen besonderen Draht entwickelt haben?
Jede Menge Erinnerungen und all mein altes Wissen kommen nun wieder an die Oberfläche, aber schon bald stelle ich fest: Frisch gebackenen Eltern von heute haben zunächst mal wenig Interesse an Vergleichen mit ihnen als Baby und wissen viel mehr über die Babyentwicklung, obwohl wir uns vor 30 Jahren auch schon mit den einschlägigen Büchern und den „Eltern-Heften“ schlau machten. Kein Forum, keine Baby APP und Baby Blog wird heute übersehen, alles genau studiert und abgewogen.
Nach ein paar Wochen also unausweichlich die ersten „Fachdebatten“: Soll man dem Baby jetzt nicht einen Schnuller anbieten? Nein, das wäre so unpraktisch, wenn sie ihn dann beim Schlafen ausspuckt und sie sucht eh schon den Daumen. Ja, aber den Daumen kann man ihr später viel schwerer abgewöhnen – bei drei eignen Kindern alle Varianten erlebt! Trotzdem kein Schnuller. Alles klar, dank Christine Nöstlinger weiß ich ja, was sich für eine gute Großmutter gehört, halte mich zurück und denk mir meinen Teil. Schließlich sind ja sie es, die dann auf und ab gehen um die kreischende Maus zu trösten und zu beruhigen. Großmutter sein heißt ja eben, mit Liebe zur Seite stehen, aber nicht mehr die ganze Verantwortung tragen. Am Anfang war ich vor allem zum Herzen, Anhimmeln und Ankasperln der kleinen Fee da. Und um mein Tochter zu trösten und ihr Mut zu machen, wenn sie wieder ein paar Nächte lang kaum geschlafen hatte.